Anita Fetz Medien Echo.  
1998 Eine Kandidatin stört
Felix Maise, Basel im Tagesanzeiger vom 8. Juli 1998

Eine Kandidatin stört
Die frühere Basler Poch-Nationalrätin Anita Fetz plant als SP- Kandidatin ein Comeback im Nationalrat. Die Begeisterung der vier Bisherigen hält sich in Grenzen.
Mit 27 Jahren war die Historikerin Anita Fetz für die Basler Poch-Nationalrätin Ruth Mascarin nachgerückt, als diese, 1985, nicht mehr antrat. Die meisten politischen Beobachter gaben der jungen, unerfahrenen Anti-AKW-Kämpferin und Feministin auf der nationalen Bühne wenig Chancen. Mit Unerschrockenheit und Offenheit auch gegenüber dem politischen Gegner und mit ihrem Charme bewies sie allen Skeptikern das Gegenteil. Und wurde bei den eidgenössischen Wahlen von 1987 problemlos bestätigt. In Bern hatte sie sich mit ihrer direkten Art im Nu auch die Sympathien vieler männlicher bürgerlicher Ratskollegen geholt. So fanden auch politisch völlig unkorrekte Poch-Anliegen im Plenum plötzlich Aufmerksamkeit.
Das Geschäft ging vor
Das Berner Gastspiel der überaus mediengewandten Basler Linksaussen-Nationalrätin dauerte dennoch kurz: 1989, im zarten Alter von 32 Jahren, wurde sie die vielleicht jüngste Alt-Nationalrätin. "Leicht ist mir mein Rücktritt damals nicht gefallen, aber für den Aufbau meiner eigenen wirtschaftlichen Existenz war es einfach nötig", sagt sie im Gespräch. Ihre drei Jahre zuvor gegründete Frauenberatungsfirma "femmedia" habe damals ihren ganzen Einsatz erfordert. "Inzwischen haben wir uns so gut etabliert, dass ich mich wieder stärker der Politik zuwenden kann", sagt sie.
Zurzeit beschäftigt sie zusammen mit einer Partnerin vier feste und vier freie Mitarbeiterinnen. Aus der Frauenberatungsfirma ist ein allgemeines Personalberatungsunternehmen geworden, das sich schwergewichtig um Fragen der Personalentwicklung, -schulung und -begleitung kümmert. Die Feministin und AKW-Aktivistin von einst ist zur cleveren Kleinunternehmerin mutiert, die dank regelmässigen Medienauftritten über Basel hinaus eine öffentliche Figur geblieben ist.
Am liebsten national
1995 war sie in die SP eingetreten, ein Jahr später wurde sie mit dem absolut besten Ergebnis aller Genossinnen und Genossen in den Grossen Rat gewählt. "Mein bevorzugtes Ziel bleibt aber die nationale Bühne, weshalb ich mich jetzt für eine Nationalratskandidatur zur Verfügung stelle", sagt sie.
Ein "Angebot an die Partei" sei ihr vor den Sommerferien angemeldetes Interesse an einer Kandidatur im Herbst 1999, erklärt sie, denn: "Nur mit sechs starken Leuten auf der Liste gelingt es uns, die vier Sitze zu verteidigen." Bei den eidgenössischen Wahlen von 1995 hatte die SP dank Proporzglück gleich vier der insgesamt sechs Basler Mandate gewonnen: Helmut Hubacher, Remo Gysin, Rudolf Rechsteiner und Margrith von Felten fuhren nach Bern. Für den im letzten Dezember zurückgetretenen Hubacher ist mittlerweile die Juristin und Gerichtsschreiberin Christine Keller nachgerückt.
Alle vier bisherigen SP-Volksvertreterinnen und -vertreter freilich haben an den Nationalrats-Ambitionen der Anita Fetz nur bedingt Freude. "Es wird eng auf der Liste", meint Rudolf Rechsteiner, vom Basler SP-Quartett im Bundeshaus der wohl Aktivste und Profilierteste. Die Wahlstrategen prophezeien den Sozialdemokraten im Herbst 1999 zumindest einen Sitzverlust zugunsten des links-alternativen Bündnisses Grüne/BastA!. Am meisten gefährdet scheint momentan die für Hubacher nachgerückte Christine Keller zu sein, die ausserhalb der Partei noch weitgehend unbekannt ist, doch auch die Feministin und Gentech-Kritikerin Margrith von Felten sowie der Ex-Regierungsrat Remo Gysin dürfen sich bei einer Kandidatur Fetz nicht in Sicherheit wiegen. "Auf sicher haben wir lediglich zwei Sitze", meint Gysin.
Zuwenig Stallgeruch?
Kantonalpräsident Jakob Winistörfer weiss um den Sprengstoff, den die Kandidatur Fetz darstellt. "Grundsätzlich freut es uns natürlich, wenn wir eine so populäre Frau auf unserer Liste vorschlagen können. Sie dürfte uns wie bisher Helmut Hubacher viele Zusatzstimmen von Nicht-SP-Wählerinnen und -Wählern bringen", sagt er. "Gleichzeitig müssen wir aber aufpassen, dass die Kandidatenkür nicht zu einer Zerreissprobe wird." Das Auswahlverfahren müsse deshalb so offen und transparent wie möglich erfolgen. Im Herbst beginnen die Vornominationen der Sektionen. Endgültig zusammengestellt wird die Liste erst im Frühjahr 1999.
Anita Fetz findet die Konkurrenz innerhalb der eigenen Partei und mit anderen SP-Frauen ganz normal. Den Zeitpunkt der Bekanntgabe ihrer Kandidatur habe sie bewusst so früh gewählt, "damit die Parteigremien Zeit zur Diskussion haben", sagt sie. Fetz-Kritiker, die der ehemaligen Poch-Frau zum Teil "mangelnden SP-Stallgeruch" vorwerfen, sprechen auch schon mal von einer cleveren Karriereplanung der heute 41jährigen.
In den Parteivorstand gewählt wurde sie kürzlich allerdings nur ganz knapp: Indiz für ihre eher schwache Abstützung in der Partei. Anita Fetz kann das alles nicht beirren: "Ich bin meinen Weg immer geradeaus gegangen", sagt sie selbstbewusst, "und sollte ich nicht nominiert und gewählt werden, komme ich deshalb nicht um."
Mehr als die personelle Diskussion interessiere ihn die inhaltliche, sagt wiederum Remo Gysin. "Denn Anita Fetz steht natürlich für andere Werte ein als ich zum Beispiel." Fetz selber lobt ausdrücklich die Bodenmannsche Wirtschaftspolitik der SP und möchte sich in Bern auch stark in diesem Bereich engagieren. "Grundsätzlich kämpfe ich aber für das Primat der Politik über die Wirtschaft. Konsens herstellen in den zentralen, schwierigsten Fragen unserer Zeit kann nämlich nur die Politik."