Anita Fetz Medien Echo.  
2001 «Früher war ich verletzbarer»
Interview im Baslerstab vom 23. November 2001

Tamara Wernli im Gespräch mit: Anita Fetz
«Früher war ich verletzbarer»
Die Basler SP-Nationalrätin über ihre Stärken – und ihre Schwächen.
Sie werden oft als «starke Frau» bezeichnet. Welche Ihrer Schwächen behindern Sie in der Berufswelt? Anita Fetz, Tamara Wernli
Zu meinen Schwächen gehört, dass ich Generalistin bin. Ich lernte das zu kompensieren, indem ich mich mit Leuten zusammentat, welche diesbezüglich besser qualifiziert sind. Trotzdem hindert es mich manchmal.
Von welchen Ihrer charakterlichen Eigenschaften hätten Sie gerne etwas weniger?
Das ist vielleicht eine Altersfrage. Viele meiner Schwächen wirken heute nicht mehr behindernd, weil ich gelernt habe, mit ihnen zu leben. Das ist das Schöne am Älterwerden. Ich weiss, dass etwa meine Geduld manchmal zu wenig nachhaltig ist. In gewissen Sachen bin ich zu schnell, dann kommen die Leute nicht mit und das verunsichert. Also musste ich lernen, mein Tempo zu mässigen. Grundsätzlich aber kann und will ich mich nicht ändern. Es gibt genügend Dinge, die ich an mir gut finde.
Zum Beispiel?
Meine Begeisterungsfähigkeit. Meine Freude an den Menschen. Meine Offenheit und meine Dialogfähigkeit. Auch dass ich mich in verschiedenen Welten bewege und mich somit gut in Leute einfühlen kann, die anders leben.
Haben Sie es als Frau schwerer, sich im Berufsleben durchzusetzen?
Vor 15 Jahren hätte ich spontan mit Ja geantwortet. Unterdessen habe ich eine gewisse Position, meine eigene Firma aufgebaut und mich politisch durchgesetzt. Somit ist es einfacher. Aber ich bin überzeugt, dass eine Frau in diesen Positionen angreifbarer, auch ausgestellter ist. Man muss mehr beweisen und geniesst weniger Vertrauen. Auch kann man sich weniger Fehler leisten. Erfolg wird uns Frauen tendenziell eher missgönnt als einem Mann. Erfolg macht uns nicht sympathischer. Meine grosse Befreiung war, zu erkennen, dass es reicht, wenn man mich respektiert. Geliebt werden muss ich nur zu Hause.
Wie bewältigen Sie Neid und Eifersucht?
Früher hat mich das verletzt. Vor allem, wenn ich von Seiten der Frauen her statt mit offenen Auseinandersetzungen einfach mit Hieben ans Bein attackiert wurde. Heute kenne ich viele tolle Frauen und habe diese auch in mein näheres Umfeld eingebunden. Somit relativiert sich das.
Wer ist Ihr politisches Vorbild?
Ganz wichtig für mich war Nelson Mandela. Für mich hat er das verkörpert, was ich in der Politik bewundere: Hart für ein Ziel kämpfen, aber dabei menschlich bleiben.
SP-Nationalrätin, Verwaltungsrätin, Firmenbesitzerin und seit Jahren in einer glücklichen Beziehung: Wie bekommen Sie dies alles eigentlich unter einen Hut?
Offen gesagt: Manchmal bekomme ich es gar nicht unter einen Hut. Ich schaffe es nur, weil ich vom Konzept, das ich lebe, überzeugt bin. Manchmal ist es schwieriger, manchmal einfacher. Die Power, die ich dazu benötige, ist Teil meiner Persönlichkeit, auch Teil meines Umfelds. Ich mache das alles ja freiwillig. Wenn es für mich nicht mehr stimmt, höre ich auf.
Interview: Tamara Wernli