Anita Fetz Medien Echo.
2006 Für Bildung ein eigenes Departement
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK  * ) ) lanciert ein neues Departement.
Interview mit Anita Fetz im 'Blick' vom 10. März 2006

Für Bildung ein eigenes Departement
Bern. Ein Departement für Bildung, Forschung, Innovation und Kultur will die parlamentarische WBK. «Bildung und Forschung sind die wichtigsten Zukunftsthemen unseres Landes», sagt Ständerätin Anita Fetz (48), Präsidentin der Kommission.
Die Bundesratsparteien verlangen es von der Regierung seit Jahren: Bildung, For-schung, Innovation und Kultur, heute verschiedenen Departementen (EDI und EVD) zugeordnet, sollen in einem einzigen vereint werden. Am nächsten Dienstag wird die Motion der WBK im Nationalrat beraten.
Blick: Frau Fetz, stellen Sie sich für Bildung, Forschung und Kultur ein eigenes Departement vor?
Anita Fetz: Das ist das Ziel. Die heutige Aufteilung kostet Energie- und Effizienzverluste. Diese Bereiche sind jedoch für Zukunft der Schweiz absolut bestimmend. Militär zum Beispiel ist kein Zukunftsthema mehr. Man könnte also aus dem VBS ein Bundesamt machen, dann würde wieder ein Departement frei.
Bildung, Forschung und Innovation haben starke wirtschaftliche und politische Lobbys. Die Kultur hat dies kaum.
Es ist falsch, Kultur nicht auch wirtschaftlich zu betrachten. Es ist zwar nicht ihr zentraler Auftrag, ökonomisch relevant zu sein. Aber auch sie ist als Ganzes ein Milliardenmarkt und für den Standort Schweiz lebenswichtig. Sie hat spiegelt auch die Identität des Landes, einer Region, einer Generation. In einer modernen Gesellschaft nimmt die Wichtigkeit der Kultur sogar zu. Das Problem ist, dass ihre Finanzierung eher abnimmt.
In öffentlichen Spardebatten wird oft zuerst bei der Kultur gespart. Was ziehen Sie vor: ein staatlich oder privatwirtschaftlich finanziertes Kulturleben?
Es kann sich beides ergänzen. Unabdingbar ist, dass mit der Kulturfinanzierung keine Auflagen verbunden sind. Sie ist eine Investition in die Gesellschaft. Ein liberaler Staat hat die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu schaffen, welche Kultur ermöglichen. Er hat sich aber nicht in die Kunstfreiheit einzumischen. Die Strafaktion nach der Hirschhornausstellung der Pro Helvetia letztes Jahr war für mich ein Tiefpunkt der politischen Auseinandersetzung mit Kultur.
Sie sagen, Bildung, Forschung und Innovation sollten erste Priorität zukommen. Ist das in der Schweiz nicht so?
Nicht mehr. Das Schweizer Bildungs- und Forschungssystem hatte lange international einen hervorragenden Ruf. Man ruhte aber zu lange auf diesen Lorbeeren aus. Seit den 90er Jahren besteht eine Diskrepanz zwischen dem, was politisch gesagt wird und dem, was real getan wird. Dann kam der Pisa-Schock: Die für die Schweiz mittelmässigen Ergebnisse haben alle schockiert, aber auch aufgeweckt. Ich hoffe, dass jetzt ein Aufbruch stattfindet. Zum Beispiel mit der Bildungsverfassung, über die wir im Mai abstimmen, mit den Schul- und Hochschulreformen. Man wird sich bewusst, dass man sich nicht auf Bestehendem ausruhen kann, sondern die Bildungszukunft offensiv anpacken muss.
Braucht denn jedes Land eigene optimale Bildungsvoraussetzungen? Reicht es nicht, wenn sie in Europa vorhanden und auch für die Schweizer zugänglich sind?
Natürlich gibt es inzwischen die Reformen, die uns die EU öffnen. Aber es gibt einen internationalen Wettbewerb. Für mich ist das 21. Jahrhundert das Jahrhundert der Wissensgesellschaft. Da sind nur jene Länder zukunftsfähig, die wirklich ins Knowhow ihrer Bürger investieren.
Interview: Hans Uli von Erlach
* ) Die parlamentarische Kommission für Bildung, Wissenschaft und Kultur (WBK) nimmt sich Themen an wie Wissenschaft, Forschung, Berufsbildung und Hochschulen, Kulturpolitik und –Institutionen, Sprachen, Jugend, Frauenfragen, Sport etc. Die Motion «Ein Departement für Bildung, Forschung, Innovation und Kultur» wurde im September 2005 vom Ständerat angenommen.